Samstag, 4. Februar 2012

Vertrauen


Vertrauen ist für alle Unternehmungen
das große Betriebskapital,
ohne welches kein nützliches Werk
auskommen kann.
Es schafft auf allen Gebieten die Bedingungen
gedeihlichen Geschehens.
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Albert Schweitzer


Gestern war ich in einer Gruppe, welche sich zu Freizeitaktivitäten trifft. Ein neues Mitglied, eine Frau, kam herein und alle um mich herum begrüßten sie und eine meinte: „Du warst doch auch bei diesem Schiffsunglück in Italien dabei, erzähl doch mal!“
War es nun die Sensationsgier, welche mich fesselte, oder wollte ich eine gute Nachricht hören, eine Nachricht von Rettung aus tödlicher Bedrohung? Jedenfalls schilderte die Frau, wie an dem bewußten Tag im Januar beim Abendessen plötzlich ein Ruck durch`s Schiff ging und Tische und Stühle umfielen und ein lautes Geräusch von zerbrechendem Geschirr und Gläsern im Nebenraum sie dazu veranlasste, ihre 70 jährige Mutter an der Hand zu packen und schnurstracks aus den unteren Decks sich zu den Oberdecks zu begeben, ohne noch mal in ihre Kabine zu gehen, wo noch ihre Koffer, Paß, Geld, Schmuck, Hausschlüssel und andere Dinge waren. Das, so sagte sie, war ihr Glück. Sie hätte es sonst wahrscheinlich nicht geschafft, mit ihrer gebrechlichen Mutter auf eines der Rettungsboote zu kommen.
Eine Überlebende schilderte ihre Rettung und die Führung, die sie, wie von unsichtbarer Hand geführt, erlebt hatte. Selbst die Richtung wurde ihr gewiesen. Wäre sie links herum statt rechts herum im Hauptgang weitergegangen, wäre sie auf die Seite des Schiffes gelangt, auf welcher alle Rettungsboote verkeilt und nicht mehr einsatzfähig waren.
Vertrauen in die Führung. Wer oder was hatte in diesem Moment der tödlichen Bedrohung die Führung übernommen? War es Panik? War es Todesangst? War es der viel gerühmte Instinkt?
‚Mensch’ geht in solch einer Situation meist wie in einer Art Trance. Der Verstand ist fast wie abgeschaltet, die Wahrnehmung war so eingeschränkt, dass die Frau sagt, sie sei wie in einer Art „Tunnelblick“ gefangen gewesen. Eine Geburtssituation also. Suchend nach einem Ausgang, folgend einer „Höheren Macht“, welche wie von außen den Weg weist und den Übergang von der einen Welt, welche keine Sicherheit mehr bietet, in die andere Welt, welche Rettung verspricht, vorbereitet und durchführt.
Nach solchen Momenten fühlt ‚mensch’ sich wie neugeboren, die „Geburt“ noch einmal erlebt, dem Tod noch einmal entronnen, in eine Welt des Heils, der Rettung und der Geborgenheit vorgedrungen. Im Rückblick sieht diese Frau, dass es auch Opfer gegeben hat, welche dieses Erlebnis mit dem Tod bezahlt haben und sie sieht, dass es menschliches Versagen gegeben hat, durch welches dieses Unglück entstanden war. Die Frage nach der Schuld bekommt auf einmal eine Bedeutung. Sie selbst war ja nicht schuldig daran, dass das Schiff auf einen Felsen aufgelaufen war und gekentert ist.
Im Moment des Todes, des eigenen Todes, denke ich, gibt es letztlich keinen Schuldigen mehr, denn sterben müssen wir alle. Irgendwie gelangen wir alle eines Tages an den Punkt des Überganges von dieser Welt in eine, welche wir noch nicht kennen. Da ist die Endlichkeit, Materialermüdung, die Schwerkraft, das Versagen der eigenen Kräfte, oder was auch immer schuld, dass diese Welt uns nicht mehr bergen kann und eine Geburt bevorsteht. Die Geburt in ein neues, verheißenes Land.

Märchen erzählen oftmals von verborgenen Schätzen und wundersamen Rettungen. Der Kern, oder das Körnchen Wahrheit, welches sich im Märchen verbirgt, soll dem Zuhörer etwas mitteilen von der Hoffnung, welche uns ein Leben lang trägt und es soll diese Hoffnung zu einem Vertrauen anwachsen lassen.
Ich denke, aus keinem anderen Grund habe ich dieser Frau zugehört. Sie hat zwar kein Märchen erzählt und sie würde sich schwer getroffen fühlen, wollte ich ihr Solches vorhalten; aber die Rettung von welcher Jesus Christus erzählt hat und alle, die Ihm nachfolgten, wie sie es am eigenen Leib als Zeugen erlebt hatten, die wird heutzutage von vielen Menschen als Märchen hingestellt.
Wie würde sich wohl der, welcher Sein Leben für diese Hoffnung geopfert hat, fühlen, frage ich mich, wenn jemand sagen würde: „Das ist doch nur ein Märchen, was du uns da erzählst!“
Ich meine, verstehen würde ich es schon, wenn Er da böse werden würde und sagen: „Du hast mir nicht geglaubt, also fahre zur Hölle!“
Aber wie ich Ihn meine zu kennen, ist Er selbst in dieser Situation noch gerecht, duldsam und barmherzig und lässt Menschen, welche sich besinnen eine Türe offen!
In diesem Vertrauen auf Rettung begehe ich den heutigen Tag.